Die Inselbahn - Ein Sommer auf Sylt Roman by Lena Johannson

Die Inselbahn - Ein Sommer auf Sylt Roman by Lena Johannson

Autor:Lena Johannson
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Aufbau Verlag
veröffentlicht: 2014-05-04T22:00:00+00:00


N e u e

F r e u n d e

Beke hatte eine furchtbare Nacht hinter sich. Erst hatte sie nicht schlafen können, weil sie die Ereignisse und Erkenntnisse des Tages einfach nicht in Ruhe lassen wollten. Immerhin war es ihr gelungen, sich die Mordgeschichte wieder halbwegs auszureden. Fakt war, dass Ben seinen Vater früh verloren und die Firma übernommen hatte. Fakt war auch, dass er ihr gegenüber nicht ehrlich gewesen war. Welchen Grund es dafür gab, wusste sie nicht. Es konnte hundert Argumente geben. Die Vertuschung eines Tötungsdeliktes gehörte eher nicht zu den naheliegendsten, hatte sie sich gesagt. Diese Einsicht hatte sie dem Schlaf ein gutes Stück näher gebracht. Ein hungriges Damenkränzchen mit gespitzten Rüsseln und hohem Summen entfernte sie gleich wieder davon. Beke musste das Fenster schließen und auf die Jagd gehen. Als sie die letzte Mücke an die Wand geklatscht hatte, war sie wieder hellwach.

Irgendwann musste sie dann doch eingeschlummert sein. Wie sonst hätte sie von Wasserleichen träumen können, die in dem Moment die Augen öffneten, als sich ein kleiner Junge über sie beugte? Der niedliche blonde Knirps schrie, als sei der Leibhaftige hinter ihm her. Dann verzog sich sein hübsches Kindergesicht zu einer scheußlichen Grimasse, und aus seiner Kehle drang ein hässliches Lachen.

Zweimal war Beke dann noch aufgewacht und hatte sich im Badezimmer den Schweiß von Gesicht und Nacken gewaschen. Als sie jetzt aus der engen Duschkabine trat, fühlte sie sich kein bisschen erfrischt oder ausgeruht. Es fühlte sich eher an, als hätte sie eine ganze Flasche Wein alleine geleert, dabei waren es doch nur zwei Bier gewesen.

Eine Viertelstunde später hockte sie missmutig beim Frühstück.

Die Alleinreisende erzählte gerade der toupierten Dame am Nebentisch: »Kaum bin ich da, läuft mir auch schon dieser amerikanische Schauspieler über den Weg, dieser … jetzt komme ich gerade nicht auf den Namen.«

»Ach, ein bekannter Schauspieler?«

»Ja, ein Hollywood-Star! Wie hieß er gleich noch? Also manchmal ist man aber auch wie vernagelt …« Sie sprach extra laut, damit auch jeder mitbekam, wie viel Glück sie gehabt hatte. Umso ärgerlicher, dass ihr der Name nicht einfallen wollte. »Jedenfalls war der sehr nett. Hat mich aber nicht verstanden. Ich spreche kein Englisch«, fügte sie etwas leiser und deutlich zerknirscht hinzu. Hätte sie geahnt, dass diese Sprache einmal von so großer Bedeutung für sie sein würde, hätte sie in der Schule bestimmt besser aufgepasst.

Beke ging das Geplapper erheblich auf die Nerven. Sie wollte auf alle Fälle vermeiden, in ein solches Gespräch mit hineingezogen zu werden, schnappte sich einen Prospekt der Pension von einer Anrichte und vergrub sich dahinter. Leihfahrräder sind für die Dauer des Aufenthaltes im Zimmerpreis enthalten, las sie. Sieh mal einer an! Da hätte sie sich das Geld für zwei Tage sparen können. Nun gut, genau genommen hatte sie keinen Cent gezahlt. Ben hatte das getan, und er würde auf den Kosten sitzenbleiben. Geschieht ihm recht, dachte sie.

Sie beeilte sich mit dem Frühstück, spülte den letzten Bissen von ihrem Brötchen mit einem großen Schluck Kaffee hinunter und marschierte noch kauend zum Büro der Vermieterin. Kurz darauf hatte sie wieder ein Fahrrad zur Verfügung.



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